Mögliche Ursachen für Krisen
Das Leben in unserer Gesellschaft bietet viele Freiheiten und Möglichkeiten, bei sich ständig verändernden Werten. Gleichzeitig gibt es unausweichliche neue Zwänge und Notwendigkeiten, seien diese finanzieller, beruflicher oder sonstiger Art. So kann und muss jeder Mensch sich selbst erfinden und definieren. Für verschiedene Lebensthemen müssen Antworten gefunden werden: Wie und mit wem möchte ich mein Leben teilen? Welchen Stellenwert hat der Beruf in meinem Leben? Wie viel Zeit und Kraft muss/will ich in meinen Beruf investieren? Möchte ich Kinder bekommen, und wie soll die Kinderbetreuung organisiert werden? Welche Erwartungen habe ich an meine Freude/innen? Wie kann ich trotz dieser vielen Interessen zur Ruhe kommen und mein inneres Gleichgewicht behalten? Was ist das, was mir wirklich entspricht und mir gut tut und Spaß macht? Die Herausforderung für alle diese Fragen Antworten zu finden, die der ganz persönlichen Lebenssituation entspricht, ist keine leichte Aufgabe. Ich würde diese als Lebensaufgabe bezeichnen, die zu unterschiedlichen Lebensphasen unterschiedlich gut gelingt. Kommen "übertriebene" Sorgen, Ängste oder irrationale Erwartungen hinzu, die biographischen Ursprungs sind, so erscheint das Lösen der Aufgaben noch kaum möglich.
Burnout ("ausgebrannt")
In den letzten Jahren gibt es vermehrt Berichte über Menschen die vom Burnout-Syndrom betroffen sind. Es wird nach Ursachen für das Phänomen gesucht, dass meist beruflich erfolgreiche Persönlichkeiten (aber auch "normale" Menschen) irgendwann regelrecht "zusammenbrechen", keine Kraft mehr haben, Depressionen und Ängste entwickeln. Neben den gesellschaftlichen Entwicklungen und spezifischen Anforderungen des jeweiligen Arbeitsumfeldes hat die persönliche Herangehensweise an eine Aufgabe eine wesentliche Bedeutung. Beispielsweise kann eine ehrgeizig-perfektionistische oder eine sich aufopfernde Grundhaltung die Entwicklung von Burnout begünstigen (siehe auch "Schematherapie" unter dem Link "Psychotherapie"). Psychologische Theorien zur Entstehung von Stress (z.B. Folkman und Lazarus 1980) beschäftigen sich differenziert mit der Frage, warum Situationen von Menschen entweder als anstrengend oder als interessante Herausforderung erlebt werden. Dies hängt z.B. davon ab, welche subjektiven Erwartungen und Überzeugungen jemand hat, zum Beispiel, ob es Mittel und Fähigkeiten gibt, die eingesetzt/ aktiviert werden können um die Situation zu bewältigen, oder ob es diese eben nicht gibt. An diesem Punkt werden in einer Psychotherapie gewöhnlich die persönlichen biographische Erfahrungen bis hinein in die Kindheit zum Thema.
Sich zuspitzende Krisen und längerfristige Probleme
Giernalczyk (2003) definiert: „...dass eine psychische Krise dann entsteht, wenn ein Mensch mit äußeren Ereignissen konfrontiert wird, die ihn aufgrund seiner Fähigkeiten stark überfordern“. Dabei betont er, dass das nüchterne Wort „Überforderung“ der Tatsache nicht gerecht wird, dass sich ein Mensch, der sich auf dem Höhepunkt seiner Krise befindet, sehr verzweifelt und hoffnungslos fühlt.
Gleichzeitig gibt es, wie oben angedeutet, viele psychische Probleme, die schon zeitlebens bestehen und erst in einer aktuellen Belastungssituation zu der Erkenntnis führen, dass professionelle Hilfe oder eine Psychotherapie notwendig ist, um diese in den Griff zu bekommen. Hierzu gehören unter anderem: Selbstwertproblematiken, Unentschlossenheit, geringe Fähigkeiten persönliche Grenzen zu erkennen und zu vertreten, Ängste, unverarbeitete (traumatische) Erlebnisse, psychosomatische Beschwerden, depressive Grundstimmungen.
An dieser Stelle sei zusammengefasst: Wenn ich als Mensch meine persönlichen Ziele längerfristig nicht erreiche, vielleicht auch, obwohl ich mich sehr anstrenge, so können verschiedene psychische Reaktionen und auch Symptome auftreten, zum Beispiel: Burnout, Depressionen, Unzufriedenheit, Gereiztheit, Schlafstörungen, Erleben von Sinnlosigkeit, körperliche Beschwerden und vieles mehr.
Häufig begegnet mir die Befürchtung, in einer Beratung/Therapie von einem Psychologen hinsichtlich der "Normalität" eingeordnet zu werden. Für eine Psychotherapie ist es zwar notwendig, eine Diagnose zu stellen (siehe Psychotherapie), gleichzeitig vertrete ich, so wie viele PsychotherapeutInnen, die Auffassung, dass die Kategorien "psychisch gesund" und "psychisch krank" eher zwei Punkte einer Skala darstellen und die meisten Menschen sich irgendwo dazwischen befinden. Hinzu kommt, dass das, was als "normal" gilt, in den verschiedenen Kulturen, Subkulturen und Epochen sehr unterschiedlich diskutiert wird, so dass hier soziologische oder philosophische Erörterungen folgen könnten.
Von meiner Seite wird das individuelle Erleben und Verhalten vor allem bewertet bzgl. seiner Funktionalität, d.h. in wieweit es für die Erreichung von persönlichen Zielen (Wohlbefinden, Gesundheit) hilfreich ist, oder eben Leid und Symptome (Ängste, Depressionen, u.v.m) verursacht. Fragen nach Normalität, Werten und Moral werden in einer Behandlung nur dann zum Fokus, wenn Sie es selbst wünschen, wenn diese in Zusammenhang mit den Symptomen stehen oder die Rechte anderer Menschen tangiert werden.
Krisen in der Partnerschaft
Aus psychologischer Sicht gehören Krisen zum Leben. Unterschieden werden gewöhnlich zwei Arten von Krisen: Übergangskrisen (auch Lebensveränderungskrisen genannt) und Krisen, die durch kritische Lebensereignisse entstehen (auch traumatische Krisen genannt).
Übergangskrisen
Der Begriff Übergangskrisen beruht auf der Vorstellung, dass die meisten Paare mehrere „naturgegebene“ Phasen durchlaufen. Diese werden von Jellouschek (2006) als Jahreszeiten der Liebe bezeichnet: Gemeint ist, dass Paare, die ein Leben lang zusammenbleiben die vier „Jahreszeiten“ erleben: Der Frühling ist die Zeit des jungen Paares; der Sommer bezeichnet die Zeit des Paares in der Familienphase; der Herbst bezeichnet die zweiten Lebenshälfte des Paares; der Winter ist die Zeit, wenn das Paar alt wird.
Die Übergangskrisen entstehen, wenn ein Paar von einer Phase in die nächste tritt, z.B. wenn ein junges Paar sich entscheidet, eine gemeinsame Wohnung zu mieten und/oder ein Kind zu bekommen. Der Begriff Übergangskrisen legt somit nahe, dass auch freudige Ereignisse, die die Lebenssituation verändern, erst einmal gemeistert werden müssen. Der Übergang, der für das eine Paar einfach zu bewältigen ist, kann für ein anderes schwieriger zu bewältigen sein.
Da jedes Paar einmalig und einzigartig ist und nicht alle Phasen durchläuft, kann dieses Modell nur eine kleine Hilfe sein, bestimmte Krisen besser zu verstehen. Letztlich muss für jedes Paar und zusätzlich für jeden Einzelen geprüft werden, was er/sie mit einer Veränderung verbindet.
Krisen aufgrund besonderer Lebensereignisse
Die zweite Art von Krisen, die in der Literatur beschrieben werden, sind Krisen, die durch besondere Lebensereignisse entstehen und die im naturgegebenen Verlauf nicht auftreten. Dazu werden beispielsweise der Verlust des Arbeitsplatzes, ein notwendiger Umzug oder eine schwere Krankheit in der Familie gezählt. Diese Krisen stellen gewöhnlich besonders hohe Anforderungen an die Partnerschaft.
Diese klassischen Krisen- Kategorien (Übergangskrisen versus Krisen bei kritischen Lebensereignissen) können die erste Einordnung einer Problematik erleichtern. Anderseits spiegelt die Unterscheidung die heutige Lebenswirklichkeit nur begrenzt wieder. Denn viele der Anforderungen, die Partnerschaften oftmals zu bewältigen haben, lassen sich in das Modell nicht eindeutig zuordnen. Man denke an die weit verbreitete finanzielle Unsicherheit, Notwendigkeiten zu beruflicher Neuorientierung, an das Leben mit zwei Wohnsitzen, an das Leben mit Kindern aus vorherigen Beziehungen oder die weiter unten beschriebenen besonderen Anforderungen an homosexuelle oder binationale Paare.
Oft gelingt es nicht auf Anhieb für diese und andere möglichen schwierige Situationen einen geeigneten Umgang zu finden. Denn es kann unterschiedliche Vorstellungen darüber geben, wie eine Lösung aussehen kann.
Zuspitzung der Situation
Wenn sich die Situation zuspitzt, kommt es zu einer Krise. Diese ist dann häufig gekoppelt mit Gedanken und Fragen wie: Passen wir überhaupt zusammen? Oder haben wir uns einfach auseinandergelebt? Liegt es an mir? Was mache ich falsch? Liegt es am anderen? Kann oder will er/sie sich nicht ändern? Unsere Gespräche drehen sich im Kreis, wir kommen nicht weiter.
Diese Fragen lösen gewöhnlich wechselnde Gefühle aus. Besonders häufig treten Ärger, Hilflosigkeit und Schuldgefühle auf. Diese Gefühle können sehr belastend, sogar quälend sein.
In der Einzel- oder der Paarberatung besteht die Möglichkeit, diese Anforderungen unter einem neuen Blickwinkel zu betrachten und einzuordnen. So wird es leichter zu entscheiden, welche Schritte aus der Krise herausführen können.
Homosexuelle und binationale Paare
Lesbische und schwule Paare
Paare, die nicht der gesellschaftlichen Norm entsprechen, soweit es noch eine gibt, haben gewöhnlich neben den klassischen Beziehungsaufgaben weitere Herausforderungen zu bewältigen, wodurch ein zusätzliches Konfliktpotential entstehen kann. Um für die "normalen", wie auch für die besonderen Herausforderungen einer Liebesbeziehung Antworten zu finden, die beiden Partnern entsprechen, kann eine Paarberatung oder Paartherapie zu einer sinnvollen Unterstützung werden.
Mögliche Herausforderungen für lesbische und schwule Paare
Selbst wenn unsere heutige Gesellschaft und v.a. Großstädte wie Berlin gleichgeschlechtlichen Paaren eine relative Normalität vermitteln, gibt es Themen, mit denen sich die meisten schwulen und lesbischen Paare irgendwann auseinandersetzen müssen: Die Ursprungsfamilie und der Arbeitsplatz - Outen wann und wie und vor wem? Mein/e Partner/in will sich nicht outen, steht er/ sie nicht zu mir oder was hat das zu bedeuten? Kinderwunsch- Ich will, er/sie aber nicht- und welche Möglichkeiten haben wir überhaupt? Treue- von offener Beziehung bis zu eingetragener Lebenspartnerschaft.
Binationale Paare
Paare, die nicht der gesellschaftlichen Norm entsprechen, soweit es noch eine gibt, haben gewöhnlich neben den klassischen Beziehungsaufgaben weitere Herausforderungen zu bewältigen, wodurch ein zusätzliches Konfliktpotential entstehen kann. Um für die "normalen", wie auch für die besonderen Herausforderungen einer Liebesbeziehung Antworten zu finden, die beiden Partnern entsprechen, kann eine Paarberatung oder Paartherapie zu einer sinnvollen Unterstützung werden.
Potentielle Herausforderungen für binationale Paare
Auch in diesem Bereich findet sich in unsere Gesellschaft eine theoretische Offenheit und Toleranz. Aber wie offen sind die Freunde und die Ursprungsfamilie wirklich für meinen Partner, für meine Partnerin? Welche unterschiedlichen Vorstellungen von Partnerschaft, Rollenaufteilung, Familien treffen aufeinander? Wie viele Kinder sind "normal"? Was finde ich "selbstverständlich" - was soll der/die andere unbedingt verstehen, respektieren oder sogar lernen? In welchem Land wollen wir leben? Kann ich in Deutschland auf Dauer glücklich sein?
Sonstige Paare
Hiermit gemeint sind Paare, die sich selbst in irgendeiner Weise als ungewöhnlich oder besonders empfinden, z.B. Paare, die über Jahre in einer Fernbeziehung leben oder Paare, bei denen einer oder beide eine körperliche oder psychische Erkrankung hat/haben. Welche besonderen Herausforderungen zu bewältigen sind, kann gemeinsam herausgearbeitet werden.
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